Deutsch als Fremdsprache zu lernen, ist eine Herausforderung. Das Tutorienprogramm „DeutschPlus“ unterstützt internationale Studierende, aber auch Kinder und Jugendliche beim Spracherwerb – spielerisch, praxisnah und begleitet von engagierten Tutorinnen und Tutoren aus der Studierendenschaft.
Wer eine neue Sprache lernt, weiß, dass es Fleiß und Ausdauer braucht, bis Wortschatz, Grammatik und Sprachgefühl sitzen. Davon kann der Ukrainer Oleksii Osheka aus eigener Erfahrung berichten: „Am schwersten fiel es mir, die richtigen Artikel zu den jeweiligen Wörtern zu lernen. In meiner Muttersprache Ukrainisch wird das Geschlecht eines Wortes anhand seiner Endung bestimmt. Da gibt es keine Artikel“. Trotz dieser Herausforderung spricht er Deutsch inzwischen auf dem Niveau C1, das für ein Studium an der Universität Oldenburg die Voraussetzung ist. Dass ihm dieser Kraftakt gelungen ist, verdankt er neben dem regulären Sprachkurs im Sprachenzentrum der Universität auch dem ergänzenden Tutorium. „Ich hatte tolle Tutor*innen, durch deren Unterstützung sich meine Sprachkenntnisse verbessert haben“, berichtet Oleksii. Die Tutorien sind ein Angebot des Sprachenzentrums und finden wöchentlich für jeweils neunzig Minuten statt. Sie stehen allen internationalen Studierenden offen, die einen studienvorbereitenden Deutschkurs an der Universität besuchen. Ziel ist es, das Schreiben, Sprechen und Zuhören zu trainieren. Unterstützt und angeleitet werden die Teilnehmenden von studentischen Sprachbegleiter*innen. Sie vermitteln Deutsch durch Sprachlernspiele, Wortschatztrainings und Übungen, die allesamt mit den Dozent*innen des dazu passenden Deutschkurses abgestimmt und an die aktuellen Lektionen des Deutschkurses angepasst sind. Zusätzlich steht ein lockerer Austausch untereinander im Vordergrund, etwa zum Hochschulalltag oder zum Stadtleben.
Oleksii Osheka misst dem Deutsch-Tutorium einen hohen Wert bei, mindestens so hoch wie dem Sprachkurs selbst. Für ihn war die Veranstaltung ein voller Erfolg: Heute leitet er selbst ein Tutorium auf B1-Niveau. „Obwohl es nur einmal pro Woche stattfindet, kann man seine Deutschkenntnisse in diesen Stunden deutlich verbessern. So war es zumindest bei mir“, sagt Oleksii. Als Grund hebt er die kleinere Gruppengröße und das Lernen ohne Prüfungsdruck hervor. „Das Lernen verläuft spielerisch – das hat mir geholfen, die Sprache besser zu verinnerlichen.“ Vor allem gefiel ihm der enge Kontakt in der Gruppe: „Dadurch habe ich mich getraut, offen über meine Herausforderungen zu sprechen, etwa, welche Worte zu einer Gesprächssituation passen.“ Seine positiven Erfahrungen führten schließlich dazu, dass er sich selbst für die Schulung zum Tutor entschied. „Das war eine spontane Entscheidung, die ich nicht bereue“, berichtet er. Dabei hatte er anfangs noch Zweifel, ob er als Tutor überhaupt geeignet sei, da sein Deutsch noch nicht perfekt ist. „Ich habe jedoch festgestellt, dass ich mein Wissen sehr wohl weitergeben kann und mich in die Lernenden hineinversetzen kann. Es macht sehr viel Spaß.“ Auch Alex Straub und Paula Messer, beide Lehramtsstudierende, wollen ihre Zeit als Tutor und Tutorin nicht missen. „Besonders spannend fand ich es, herauszufinden, welche Schwierigkeiten beim Deutschlernen grundsätzlich auftreten können. Zum Beispiel, dass viele, die sich nicht trauen, zu sprechen, trotzdem bereits viel verstehen“, sagt Alex. Paula ergänzt: „Um jemandem eine Sprache beizubringen, braucht es geduldige, empathische und offene Menschen, die einen unterstützen. Genau das wollte ich vermitteln.“ Die beiden sind sich sicher, dass sie von den Erfahrungen später im Berufsleben profitieren werden. „Ich habe durch ‚DeutschPlus‘ Methoden kennengelernt, die ich im Schulalltag anwenden kann“, berichtet Alex, der die Fächer Englisch und Wirtschaft für Berufsschullehramt studiert. Paula, die aktuell Philosophie und Kunst auf Lehramt studiert, ist durch ihre Erfahrung als Tutorin klargeworden: „Ich möchte auch in Zukunft mit Internationalen arbeiten.“ Ihren Master wird sie im Fach „Deutsch als Fremdsprache“ machen.
Wer sich zur Tutorin oder zum Tutor ausbilden lassen möchte, muss an einem zweiwöchigen Intensivworkshop teilnehmen, der jeweils vor Semesterbeginn im März oder im September stattfindet. Die Studierenden lernen dort, wie Deutsch als Fremdsprache gelehrt werden kann und welche didaktischen Methoden dabei helfen. Auch der Umgang mit möglichen interkulturellen Herausforderungen steht auf der Tagesordnung. Zudem hospitieren die Teilnehmer*innen in Sprachkursen des Sprachenzentrums und bereiten eine erste eigene Unterrichtseinheit vor, die sie zum Abschluss des Workshops durchführen. „Letzteres baut Ängste ab, und die Studierenden stellen fest, dass auch sie das Zeug zum Unterrichten haben“, sagt Ellen von Hagen. Sie leitet die Intensivworkshops und unterrichtet Deutsch als Fremdsprache für internationale Studierende im Sprachenzentrum. „Für mich ist ‚DeutschPlus‘ ein totales Herzensding. Von den Studierenden erfahre ich viel Dankbarkeit, weil sie durch das Tutorium weitere große Fortschritte im Spracherwerb machen“, schwärmt sie. Darüber hinaus schaffe das Tutorium eine Verbindung zwischen den hiesigen und den internationalen Studierenden, die oft zu engen Freundschaften führt. Nach dem Intensivworkshop haben die Studierenden zwei Optionen: Sie können die Sprachbegleitung entweder in Form der beschriebenen Tutorien an der Uni oder als Sprachbegleitung in Schulen anbieten. Ein Tutorium läuft über ein Semester. Die Dauer für den Einsatz in einer Schule kann je nach Bedarf frei gewählt werden. „Gerade die Schulen melden uns einen hohen Bedarf an Unterstützung, denn es gibt in allen Klassenstufen zugewanderte Kinder und Jugendliche, die noch kein oder nur wenig Deutsch sprechen. Wir unterstützen die Studierenden dabei, eine passende Schule zu finden“, betont von Hagen. Nach erfolgreichem Abschluss erhalten die Studierenden eine Ehrenamtsbescheinigung, mit der sie ihr Engagement an Schulen nachweisen können. „Die Qualifizierung zum Sprachbegleiter oder zur Sprachbegleiterin steht allen offen, unabhängig vom Studiengang. Auch wer vor dem Referendariat noch Erfahrungen sammeln möchte, ist willkommen“, sagt von Hagen.