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  • Um Daten und Proben aus dem obersten Millimeter der Meere zu gewinnen, setzen die Forschenden selbst entwickelte Katamarane ein. Foto: Oliver Wurl

  • Das Forschungsschiff Meteor ist seit 1986 vor allem im Atlantik im Einsatz und bietet Platz für bis zu 30 Forschende. Foto: Oliver Wurl

„Auf See ist Improvisation gefragt“

Ein Team um den Meeresforscher Oliver Wurl ist mit dem Forschungsschiff Meteor im Atlantik unterwegs. Vier Expeditionsteilnehmerinnen erzählen über das Leben auf See, den obersten Millimeter des Meeres und die Zusammenarbeit mit einem TV-Team. 

Ein Team um den Meeresforscher Oliver Wurl ist derzeit mit dem Forschungsschiff Meteor im Atlantik unterwegs. Ein Gespräch über das Forschen und Leben auf See, den Salzgehalt im obersten Millimeter des Meeres und die Zusammenarbeit mit einem Fernsehteam.

Eure Fahrt ist Mitte Juni in Nizza gestartet. Wo befindet ihr euch inzwischen?
Wir waren ein paar Tage im Mittelmeer und sind dann durch die Straße von Gibraltar gefahren, wobei wir von zahlreichen Delfinen begleitet wurden. Inzwischen haben wir die Kanarischen Inseln hinter uns gelassen und befinden uns südwestlich der Kanaren im Atlantik.

In eurer Forschung geht es um den Salzgehalt in der obersten Schicht des Ozeans. Warum ist das so interessant?
Alle Austauchprozesse zwischen Atmosphäre und Ozean beeinflussen den obersten Millimeter des Meeres, und diese Grenzschicht beeinflusst wiederum den Austausch. Verdunstung und Regen, die wir als Süßwasserflüsse bezeichnen, spielen beispielsweise eine große Rolle: Verdunstet Wasser, erhöht sich der Salzgehalt, Regen senkt ihn. Wie groß diese Süßwasserflüsse sind, ist schwer zu messen. Wir, die Arbeitsgruppe „Prozesse und Sensorik mariner Grenzflächen“, wollen daher herausfinden, ob man den Salzgehalt der Oberflächenschicht als Indikator für die Süßwasserflüsse nutzen kann. Denn den Salzgehalt kann man relativ leicht bestimmen – auch großflächig, etwa mit Methoden der Fernerkennung. Unser Ziel ist, den globalen Wasserkreislauf besser zu verstehen. Und da Wasser Wärme speichert und transportiert und damit ein elementarer Bestandteil unseres Klimas ist, trägt dies Wissen auch dazu bei, Klimamodelle zu verbessern.

Welche Messungen führt ihr durch?
Um die Oberflächenschicht und das Wasser bis in einem Meter Tiefe zu untersuchen, setzen wir einen autonomen sowie einen ferngesteuerten Forschungskatamaran ein. Physikalische Eigenschaften wie Temperatur und Leitfähigkeit, um den Salzgehalt zu bestimmen, sowie Fluoreszenz und atmosphärische Parameter werden direkt auf dem Katamaran gemessen. Zusätzlich nehmen wir Wasserproben aus verschiedenen Tiefen und analysieren die chemischen, biooptischen, also etwa die Wasserfarbe, und mikrobiologischen Eigenschaften. Und wir setzen Oberflächendrifter, Drohnen und Wetterballons mit Radiosonden ein.

Was ist besonders herausfordernd bei der Arbeit?
Auf See ist Improvisation gefragt. Die Wetterbedingungen ändern sich schnell, die Technik kann versagen. Dann müssen wir spontan Lösungen finden mit den Mitteln, die uns auf dem Forschungsschiff zur Verfügung stehen. Dazu kommt, dass wir versuchen, über volle Tageszyklen Daten aufzuzeichnen und Proben zu nehmen. Nachts können wir aber nicht alle Arbeiten durchführen und sind auf ruhige See angewiesen. Wir interessieren uns außerdem für bestimmte Wetterbedingungen wie Starkregen oder kalte Luftmassen. Diese sind aber leider schwer vorherzusagen, sodass das gesamte Team schnell auf Wetteränderungen reagieren und den Arbeitsplan anpassen muss.

Was macht am meisten Spaß?
Am schönsten ist es, wenn ein komplexes Experiment wie geplant funktioniert und alle Gerätschaften samt Daten und Proben erfolgreich zurück an Deck sind. Und neben der Arbeit kommt die Gemeinschaft nicht zu kurz, etwa durch gemeinsame Kaffeepausen mit Kuchen oder abendliche Gespräche über Wissenschaft und das Leben an Bord. Beim Auf- und Untergang der Sonne spüren wir die Weite des Ozeans auf besondere Weise. Einzigartig sind auch die Momente, wenn wir von neugierigen Meeresbewohnern wie Delfinen, fliegenden Fischen oder Rochen besucht werden.

Was steht noch an, wenn die Fahrt beendet ist?
Wir werden auf den Azoren ankommen und die Chance nutzen, um eine der wunderschönen Inseln zu erkunden. Unsere Container mit den Geräten und den Proben sind dann auf dem Weg zurück nach Wilhelmshaven. Nach der Rückkehr wartet das Auspacken der vielen Kisten auf uns und dann beginnt die Arbeit im Labor und das Auswerten der Daten.

Wann werden wir von den Ergebnissen der Forschung erfahren?
Die ersten Daten, die uns die Sensoren bereits an Bord geliefert haben, können wir relativ schnell auswerten. Die Analyse der Proben nimmt deutlich mehr Zeit in Anspruch. Für einige Ergebnisse wird es daher Monate bis Jahre dauern, bis sie veröffentlicht werden können.

Ihr hattet zu Beginn der Fahrt ein Fernsehteam an Bord. Warum?
Zu Beginn, noch im Mittelmeer, hat uns der Wetterexperte Sven Plöger und ein Fernsehteam begleitet. Das Team hat den gesamten Arbeitsablauf dokumentiert, Videomaterial gesammelt und Interviews geführt. Das Material ist für die ARD-Dokureihe „Wie extrem wird das Wetter, Sven Plöger?“ Es ist eine Ehre für uns, dass wir als Teil der Dokumentation unsere Forschung der Öffentlichkeit näherbringen dürfen.

Das Schiff, auf dem Ihr unterwegs seid, ist die Meteor III, das drittgrößte Forschungsschiff Deutschlands. Sie ist gut 40 Jahre alt und soll demnächst von einem modernen Neubau, der Meteor IV abgelöst werden. Wie fühlt es sich an, auf einer der letzten Forschungsreisen mit diesem Schiff unterwegs zu sein?

Die FS Meteor ist ein echtes Urgestein mit viel Charme. Viele Geschichten ranken sich um das Schiff und die Forschungsreisen. Generationen von Wissenschaftler*innen und Seeleuten haben hier gearbeitet, was man an den vielen kleinen Details an Bord erkennen kann – von selbstgebauten Bänken bis hin zur urigen Bar. Im nächsten Jahr wird die neue Meteor in See stechen. Wir freuen uns schon auf mehr Platz, modernere Labore und hoffentlich Steckdosen am Bett.


Die Fragen beantworteten Leonie Jaeger, Pia Goecke, Marieke Uittien und Inken Czesla vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres.

Interview: Constanze Böttcher 

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