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9. Oktober 2025 134/25 Forschung
Musikgenuss: Nicht nur eine Frage des Hörens
Neues Vorhaben bringt Kai Siedenburg im Rahmen einer Niedersachsen-Impuls-Professur zurück nach Oldenburg
Oldenburg. Der Musikwissenschaftler und Hörforscher Prof. Dr. Kai Siedenburg will neue Möglichkeiten erforschen, Musik zu erleben. Diese sollen sich an den individuellen Eigenschaften von Menschen orientieren – und über das reine Hören hinausgehen. Im Blick hat er dabei besonders Personen, die wegen Hörverlusts auf technische Unterstützung angewiesen sind. Die VolkswagenStiftung fördert diesen Ansatz mit rund 2,2 Millionen Euro im Rahmen einer „Niedersachsen-Impuls-Professur“, mit der Siedenburg nach Oldenburg zurückkehrt: Er ist als Professor für Systematische Musikwissenschaften ans Institut für Musik der Universität Oldenburg berufen worden. Zuletzt war er als Professor für Kommunikationsakustik an der TU Graz (Österreich) tätig.
„Obwohl Hörgeräte inzwischen spezielle Musikeinstellungen bieten, ist das Ergebnis oft nicht befriedigend. Und mit Cochlea-Implantaten lassen sich Tonhöhen und Klänge verschiedener Instrumente nur schwer unterscheiden, was den Musikgenuss schmälert“, erklärt Siedenburg. Bereits seit seiner Promotion forscht er daran, wie Menschen Musik wahrnehmen. Jetzt untersucht er Möglichkeiten, die Musikwahrnehmung zu erweitern. Zum einen geht es dabei darum, technische Hilfsmittel so personalisiert anzupassen, dass Menschen mit Hörproblemen über „ihren“ Mix im Kopfhörer zum Beispiel ein Konzert genauso genießen können wie alle anderen. Wie Musik für welche Hörprofile abgemischt sein muss, ist dabei Teil des Forschungsprojekts.
Zum anderen will sich Siedenburg nicht auf die Wahrnehmung mit den Ohren beschränken. Mit seinem Team untersucht er, inwieweit auch die taktile Wahrnehmung über die Haut dabei unterstützen kann, einzelne Details der Musik wahrzunehmen. Ein berühmtes Beispiel dafür ist die britische Schlagzeugerin Evelyn Glennie, die nach eigenen Angaben aufgrund einer Nervenkrankheit schon als Jugendliche schwerhörig wurde. Sie berichtet, sich beigebracht zu haben, Klänge anhand ihrer Vibrationen zu unterscheiden, die sie mit dem ganzen Körper wahrnimmt. „Anstatt sich auf das eingeschränkte Ohr zu konzentrieren, hat sie damit für sich einen neuen Signalweg erschlossen“, sagt Siedenburg. Bisher sind Erweiterungen der Musikwahrnehmung wie diese kaum erforscht. Diese Lücke will er jetzt schließen.
Siedenburg studierte an der Berliner Humboldt-Universität und der University of California, Berkeley (USA) Mathematik und Musik. Bereits in seiner Diplomarbeit in Mathematik spezialisierte er sich auf das Thema Signalverarbeitung. Anschließend promovierte er an der McGill University in Montréal (Kanada) in Musiktechnologie über die Wahrnehmung musikalischer Klangfarben.
2015 kam Siedenburg als Marie-Skłodowska-Curie-Postdoktorand an die Universität Oldenburg. Ab 2020 förderte die VolkswagenStiftung seine Forschung zur Musikwahrnehmung mit dem Freigeist-Fellowship.
Siedenburgs Forschung ist mehrfach ausgezeichnet worden: 2020 erhielt er den Lothar-Cremer-Preis der Deutschen Gesellschaft für Akustik, 2022 nahm ihn die Junge Akademie auf. 2025 erhielt er den „Early Career Award” des International Congress of Acoustics.
Über die Impuls-Professur
Mit der „Niedersachsen-Impuls-Professur“ fördert das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur vielversprechende akademische Talente mit erheblichem Karrierepotenzial, um diese für Niedersachsen zu gewinnen oder zu halten. Antragsberechtigt sind Wissenschaftler*innen, die vor maximal zehn Jahren promoviert haben. Die Förderdauer beträgt fünf Jahre.
Bilder
Kai Siedenburg kehrt mit einer Niedersachsen-Impuls-Professur zurück an die Universität Oldenburg. Foto: Universität Oldenburg / Marcus Windus |
Kontakt
Prof. Dr. Kai Siedenburg, E-Mail: